Backstage M&A | Episode 6

Der Letter of Intent – Ankunft auf der Zielgeraden

Neben den „harten Kriterien“ wie Zahlenwerk oder dem strategischen Potenzial spielen die weichen Faktoren – der Faktor Mensch, mit all seinen Bedürfnissen, Ängsten und Eigenarten – eine mindestens genauso wichtige Rolle bei Unternehmenstransaktionen. Mit der Erstellung eines Letter of Intents (LOI) lassen sich beide Aspekte miteinander verknüpfen. In dem folgenden Gespräch erklärt uns Jan Steinbächer, Director M&A bei Emporion, welche Herausforderungen sich dabei ergeben können.
Jan, was genau ist ein Letter of Intent im M&A Prozess – und warum braucht man ihn?

Die Anbahnung und Vorbereitung von M&A-Transaktionen sind zeitlich und inhaltlich sehr komplex. Oft vergehen mehrere Monate bis man sich nach einer ersten Kontaktaufnahme und den sich anschließenden Gesprächsrunden auf die groben Parameter einer angestrebten M&A-Transaktion einigt.

Was unterscheidet den LOI von einem Kaufvertrag?

Ein LOI ist per Definition eine Absichtserklärung, die – bis auf wenige Punkte – rechtlich nicht bindend ist. Dennoch ist es ein sehr wichtiges Dokument, das die wesentlichen Eckpunkte der beabsichtigten Transaktion umschreibt und damit gewährleisten soll, dass Käufer und Verkäufer ein deckungsgleiches Verständnis darüber haben und die Transaktion nicht etwa an Missverständnissen scheitert.

Wie umfangreich ist ein LOI in der Praxis gestaltet?

Wenn es so etwas wie einen Branchendurchschnitt in diesem Zusammenhang gibt, so liegt dieser nach unserer Erfahrung häufig bei ca. zwei bis drei Seiten. Oftmals finden sich darin generische Punkte, die sich entsprechend in mehr oder weniger ähnlicher Form in jedem LOI wiederfinden. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass der individuelle Teil meist nur sehr gering gewichtet ist.

Inwiefern ist das problematisch?

Wir sind bereits vor vielen Jahren dazu übergegangen, LOIs deutlich umfangreicher zu gestalten und gerade auch den „weichen“ Themen wie gemeinsame Vision, Unternehmenskultur, Werte, Sicherheit und beispielsweise den Erhalt von Unternehmensstandorten ihre gebotene Beachtung zu schenken. Sicherlich ist ein im LOI genannter unverbindlicher Kaufpreis immer von zentraler Bedeutung – aus Verkäufersicht jedoch oftmals nicht das einzig relevante Kriterium. Darüber hinaus streben Unternehmensverkäufer sehr häufig zudem nach einem übergeordneten Sinn, der sich fast immer im Fortbestand ihres Lebenswerkes begründet. „Nur“ Geld gegen Anteile ist da in den allermeisten Fällen nicht alles.

„Ein stimmiger Preis ist in der Regel die Grundvoraussetzung, um einem Deal überhaupt zuzustimmen. Darüber hinaus streben Unternehmensverkäufer sehr häufig zudem nach einem übergeordneten Sinn, der sich fast immer im Fortbestand ihres Lebenswerkes begründet – „nur“ Geld gegen Anteile ist da in den allermeisten Fällen nicht alles.“

Jan Steinbächer, Director M&A bei Emporion
Was genau bringt ein LOI dem Verkäufer?

Der Verkäufer profitiert von einer besseren Vergleichbarkeit der Angebote, sofern mit mehreren Interessenten parallel gesprochen wird. Darüber hinaus dient der LOI dem Verkäufer auch zur Prüfung des Kaufinteressenten hinsichtlich seines Commitments. Auch kann der LOI dem Verkäufer ein Gefühl für die soften Faktoren vermitteln, wodurch er Rückschlüsse über die Strategie des potenziellen Käufers ziehen kann: sind beispielsweise post-closing Investitionen geplant oder stehen tiefgreifende Umstrukturierungen auf der Agenda? Der Verkäufer erhält durch den LOI also Gewissheit, dass man mit dem potenziellen Käufer ein deckungsgleiches Verständnis hinsichtlich der angestrebten Transaktion hat, auch was „post-closing“ mit dem Unternehmen passieren soll.

Welche Erwartungshaltung hat Euer Kunde an den LOI?

Grundsätzlich geht es darum, vorab die „Elefanten im Raum“ zu finden und mögliche Deal-Breaker zu erkennen. Ziel ist immer eine Einigkeit herzustellen und bereits in diesem Projektstadium alle Punkte zu regeln, deren Behandlung ansonsten im Rahmen der Due Diligence ein aufwändiges Verfahren nach sich ziehen würden.

Zudem ist es auch für unseren Kunden wichtig, vorab das Commitment der Verkaufsseite zu prüfen, ob diese auf Basis der im LOI konkretisierten Faktoren, also beispielsweise Kaufpreis, Timing und Finanzierung, die Transaktion auch tatsächlich durchführen möchte.

Bevor die üblicherweise im Anschluss an den LOI startende Due Diligence beginnt, möchte man vorher schon sicherstellen, dass man über das gleiche spricht.

Welche Rolle spielt Emporion in diesem Projektschritt?

Eine sehr zentrale – denn im Vergleich zu vielen anderen M&A-Beratern, die die Erstellung des LOIs lieber dem Kunden oder deren Rechtsberater überlassen, gestalten wir einen LOI regelmäßig maßgeblich mit oder schreiben diesen in enger Zusammenarbeit mit unserem Kunden gar selbst.

Dabei spielt der tiefe Einblick in das Unternehmen, den wir im Zuge des Projektes gewonnen haben, eine zentrale Rolle. Oft sind es nämlich die vermeintlich kleinen Themen, die den Unterschied machen. Ein gut strukturierter und vollumfänglich erstellter LOI schafft Sicherheit für beide Seiten und ist damit eine hervorragende Überleitung zum eigentlichen Kaufvertrag (SPA). Unser Anspruch ist es tatsächlich, die „big points“ eines SPA bereits im LOI hinreichend zu adressieren, damit es kurz vor dem Ziel keine „Grundsatzdiskussionen“ mehr gibt.

 

Vielen Dank für das Gespräch, Jan.

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